Das Klimaziel der Schweiz heisst Netto-Null bis 2050. Die Treibhausgasemissionen müssen
global gesenkt werden, um den Temperaturanstieg zu drosseln. Biomasse kann dabei eine
Schlüsselrolle spielen. Im neuen Biomasse-Forschungshub der BFH-HAFL wird ihr vielfältiges
Potenzial als Kohlenstoffquelle, Kohlenstoffspeicher sowie als Energieträger erforscht. Das moderne
Analyse-Labor wird heute von BFH-HAFL-Direktorin Prof. Dr. Ute Seeling und Leiter Agronomie Prof.
Dr. Peter Spring im Beisein des Berner Grossrats Markus Aebi offiziell eröffnet; der Kanton Bern
unterstützt den Biomasse-Forschungshub im Rahmen betriebsspezifischer Anpassungen mit
2’000’000 CHF. Gülle: ungenutztes Potenzial Gülle macht etwa die Hälfte der
in der Schweiz bisher ungenutzten Biomasse aus. Bislang landet Gülle als Dünger auf dem Feld, da
eine zusätzliche Nutzung herausfordernd ist: «Gülle ist verschmutzt, verdünnt und fällt weit verstreut
in den Regionen an», erklärt Prof. Dr. Michael Studer, Dozent für erneuerbare Rohstoffe und
Energieträger sowie Forschungsgruppenleiter des Labors für Bioenergie und Biochemikalien an der
BFH-HAFL und Leiter des neuen Biomasse-Hubs. «Um diese Herausforderung zu meistern,
entwickeln wir am Forschungshub kleine Biogasanlagen, die direkt auf Bauernhöfen installiert werden
können. Dort wird Gülle vor Ort in Methan, also in Biogas, umgewandelt.» Dieses Biogas soll künftig
ins zentrale Erdgasnetz eingespeist werden – und so einen Beitrag zur nachhaltigen Energie- und
Rohstoffversorgung leisten. «Der Kanton Bern eignet sich ideal für einen Biomasse-
Forschungshub, da hier schweizweit die grösste Menge an Hofdünger anfällt», erläutert Studer. «Es
sind uns bereits erste, innovative Schritte in diesem Forschungsgebiet gelungen», so Prof. Dr. Ute
Seeling, Direktorin der BFH-HAFL an der Eröffnung: Die erste Demoanlage befindet sich im Bau. Quelle und Speicher für Kohlenstoff Aus Biomasse lässt sich Energie
bereitstellen, sie kann aber auch als erneuerbare Kohlenstoffquelle für organische Chemikalien und
Plastik erschlossen werden; diese werden bisher fast ausschliesslich aus Erdöl oder Erdgas
hergestellt. In Zollikofen wird darum intensiv an neuartigen biotechnologischen
Umwandlungsverfahren geforscht, die es möglich machen, in diesem Bereich auf nicht-fossile
Rohstoffe umzusteigen. Die Chemieindustrie verfolgt diese Entwicklungen intensiv, da sie auf
Kohlenstoff angewiesen ist. Neben CO2 und recyceltem Kunststoff ist Biomasse die einzige
erneuerbare Kohlenstoffquelle – und gemäss Michael Studer die günstigste. Im Biomasse-
Labor laufen auch innovative Projekte zu Negativemissionstechnologien (NET). Diese Technologien
«fischen» ausgestossenes CO2 aus der Luft und binden es dauerhaft, etwa in Pflanzenkohle. NET
sind unabdingbar für die Zukunft: Denn auch bei Senkung der CO2-Emissionen im Verkehr durch
Elektroautos oder im Heizungsbereich durch Wärmepumpen werden in der Schweiz jährlich rund 12
Mio. Tonnen CO2-Äquivalente bestehen bleiben – verursacht durch Abfallverbrennung, die
chemische Industrie und die Landwirtschaft. «Unser Ziel ist es, der Landwirtschaft als starkem
Forschungspartner nachhaltige und praktikable Lösungen bereitzustellen», ergänzt Agronomieleiter
Peter Spring. Ebenfalls im Fokus: Mikroalgen Der Biomasse-Forschungshub
setzt ausserdem auf Mikroalgen: Diese binden in einem neuen kontinuierlichen Verfahren CO2 und
produzieren Lipide, die als nachhaltiger Ersatz für Palmöl in Flugzeugtreibstoff genutzt werden
können – ein weiterer wichtiger Schritt hin zu einer fossilfreien Zukunft. Kontakt:
Prof. Dr. Michael Hans-Peter Studer
Dozent Agrar-, Forst- & Energietechnik
+41 31 910 29 36